Bei Notruf Standortbestimmung
Wenn ein Unfall passiert ist oder jemand einen Zusammenbruch erleidet, zählt jede Minute. Dann braucht der Rettungsdienst präzise Informationen darüber, wo der Patient sich befindet. Anrufer, die aus dem Mobilfunknetz die Notrufnummer 112 wählen, können jedoch oft nicht genau sagen, wo sie sich befinden. Besonders im ländlichen Raum, auf Rad- und Wanderwegen sowie Forstwegen ohne Straßenschilder, kann es schwierig sein, seinen Standort genau zu beschreiben. Doch nun ist bei der Integrierten Leitstelle im Landkreis Waldshut eine neue Technik im Einsatz, die beim Notruf automatisch die Ortungsfunktion des Smartphones aktiviert und Standortdaten an die Leitstelle übermittelt.
Advanced Mobile Location (AML) heißt die Ortungsfunktion, zu Deutsch etwa: fortschrittliche mobile Ortung. Die neue Technik ist ein Standortdienst, den die drei großen Mobilfunknetzbetreiber Telekom, Vodafone und Telefonica sowie Apple und Google mit ihren Handybetriebssystemen anbieten. Dieser Dienst funktioniert auch wenn die Ortungsfunktion im Smartphone deaktiviert ist.
Bisher schon haben die Netzbetreiber bei einem Handynotruf Standortdaten an die Leitstelle übermittelt. Diese Daten bieten aber nur eine grobe Orientierung, denn sie verraten lediglich, in welcher Funkzelle sich der Anrufer zum Zeitpunkt des Notrufes befindet. Eine Funkzelle kann aber speziell im ländlichen Raum sehr groß sein, was die Ortungsgenauigkeit verschlechtert.
Besser funktioniert die Ortung mit AML. Wenn die Notrufnummer 112 gewählt wird, aktiviert das Mobiltelefon automatisch WLAN und Satellitennavigation, auch wenn die entsprechenden Funktionen im Gerät grundsätzlich deaktiviert sind. Dabei werden die Standortdaten durch eine kostenlose Daten-SMS im Hintergrund an AML-Endpunkte verschickt. Dadurch ist eine Standortbestimmung auch ohne mobiles Internet möglich, und die Leitstelle kann den Standort eines Anrufers ermitteln. Die Technik steckt in allen Android-Smartphones ab der Version 4.0. iPhones brauchen für Notrufe mit automatischer Standortsendung die iOS-Version 13.3, die auf Geräten ab dem iPhone 6s installiert werden kann.
Solange keine Notrufnummer aktiv gewählt wird, ist keine Ortung des Smartphones durch die Leitstelle möglich. Erst wenn die Notrufnummer gewählt wird, werden die Positionsdaten ermittelt und an den AML-Endpunkt gesendet, von wo die zuständige Leitstelle die Daten abrufen kann. In der Leitstelle wird die Position des Anrufers dann punktgenau im Kartensystem des Einsatzleitrechners dargestellt. Dadurch können die Rettungskräfte ohne Zeitverlust direkt an die Einsatzstelle entsendet werden.
Advanced Mobile Location (AML) funktioniert nicht im eingeschränkten Servicemodus. Dieser tritt ein, wenn ein Mobilfunkteilnehmer den Notruf 112 wählt, aber sein Mobilfunknetz am Standort nicht verfügbar ist. Der eingeschränkte Modus ermöglicht dann zwar den Notruf über ein anderes Netz, das am Standort verfügbar ist. Aber dann werden nur Sprachdaten und keine Standortdaten übertragen. Nutzt der Anrufer ein herkömmliches Mobiltelefon oder ein einfaches Seniorenhandy, können ebenfalls keine Positionsdaten übermittelt werden.